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Sind das nur viele Fehler oder ist das schon eine Lese-Rechtschreib-Schwäche? Was Eltern wissen sollten.

Wenn Kinder lesen und schreiben lernen, dann gehören Fehler dazu, schließlich hält die deutsche Rechtschreibung einige Tücken bereit. Manchmal allerdings steckt mehr hinter dem Kampf mit der Orthografie: eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) oder Legasthenie, die sich nur mit gezielter Förderung erheblich lindern oder sogar komplett ausgleichen lässt. Auf welche Anzeichen Eltern achten sollten und wann eine professionelle LRS-Diagnostik sinnvoll ist, haben wir in diesem Blogbeitrag zusammengestellt.

Häufig ist die Problematik einer Lese-Rechtschreibschwäche nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen.

Vom Erkennen der ersten Buchstaben bis zum flüssigen Lesen und Schreiben legen Kinder einen langen Weg zurück. Für die Eltern ist der Lernprozess oft bewegend und manchmal auch unterhaltsam, etwa wenn sie die ersten gekrakelten Zeilen ihrer Kinder lesen. Spätestens in den ersten Grundschuljahren kommen bei vielen Eltern aber Unsicherheit und Sorge auf: Ist es normal, dass die Buchstaben unregelmäßig sind, dass die Lücken zwischen den Wörtern fehlen? Sollte mein Kind nicht allmählich ein b vom d unterscheiden können? Und wieso liest es so langsam und stockend? In vielen Fälle sind diese Sorgen unbegründet und die Anfangsschwierigkeiten schnell überwunden. Manchmal aber auch nicht.

Lese-Rechtschreib-Schwäche und Legasthenie haben viele Ursachen

Bei vier bis zehn Prozent der Kinder liegt eine Form der Lese-Rechtschreib-Schwäche vor – in manchen Fällen tauchen Schwierigkeiten nur beim Lesen oder Schreiben auf, häufig ist beides betroffen. Wie ausgeprägt diese Probleme sind, ist sehr unterschiedlich, ebenso wie die Ursachen. „Bei einer erworbenen Lese-Rechtschreib-Schwäche hat ein Kind die Regeln nicht richtig gelernt, zum Beispiel, weil die Methodik und Didaktik in der Schule nicht so gut für dieses Kind gepasst haben“, erklärt Jana Davidi-Nieva, Pädagogische Leiterin für LRS-Lerntherapie beim Studienkreis online. „Bei Kindern mit einer ausgeprägten Legasthenie können auch genetische Ursachen oder Schwierigkeiten mit der visuellen oder auditiven Wahrnehmung eine Rolle spielen.“

Allerdings ist nicht jede hartnäckige Schwierigkeit beim Lesen und Schreiben auf eine LRS oder Legasthenie zurückzuführen. Auch Kinder mit Autismus oder einer Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) beispielsweise tun sich oft schwer beim Lesen und Schreiben. „In diesen Fällen hängt das aber eher damit zusammen, dass sich die Kinder grundsätzlich nicht gut konzentrieren oder fokussieren können“, erklärt Davidi-Nieva. Außerdem fällt bei Kindern mit LRS auf, dass ihre Leistungen beim Lesen und Schreiben unter denen in anderen Bereichen liegen – deshalb sprechen Fachleute auch von einer Teilleistungsstörung, die sich trotz hinreichender Intelligenz auf einem bestimmten Gebiet zeigt. Allerdings – je nach Ursache der Schwierigkeiten – kann es vorkommen, dass Schülerinnen und Schüler ähnliche Probleme auch beim Umgang mit Zahlen haben, eine so genannte Dyskalkulie.

Auf diese Hinweise sollten Eltern achten

Obwohl es individuelle Unterschiede bei einer LRS geben kann, gibt es einige Anzeichen, auf die Eltern achten können:

  • Beim Schreiben macht das Kind ungewöhnlich viele Fehler. Mitunter lässt es Buchstaben oder ganze Silben weg oder verwechselt die Reihenfolge der Buchstaben in einem Wort. Ebenfalls typisch für eine Rechtschreibschwäche: Das Kind macht immer wieder andere Fehler und schreibt zum Beispiel dasselbe Wort dreimal unterschiedlich falsch.
  • Beim Lesen zeigt sich eine LRS vor allem daran, dass die Kinder große Teile des Textes eher erraten als lesen – und damit mitunter falsch liegen.

Für Eltern ist oft schwer nachvollziehbar, wieso ihr Kind eigentlich gut in der Schule mitkommt, aber beim Lesen und Schreiben auf Hürden stößt. Ein Vergleich kann helfen, sich besser in die Kinder hineinzuversetzen: „Stellen Sie sich vor, Sie sehen einen Text vor sich, in dem die Buchstaben wackeln und hin und her tanzen. Da würde es jedem schwerfallen, konzentriert zu lesen“, sagt Davidi-Nieva. „So ähnlich fühlt es sich zum Beispiel für die Kinder an, bei denen die Ursache für die Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten mit der visuellen Wahrnehmung zusammenhängt.“

Tipp: Im Kurztest Lese-Rechtschreib-Schwäche“ des Studienkreises können Eltern online in wenigen Minuten prüfen, ob bei ihrem Kind eine LRS vorliegen könnte.

LRS-Diagnostik schafft Klarheit

Wenn Eltern vermuten, dass ihr Kind eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben könnte, steht zunächst eine Diagnostik an. Häufig kommt der Anstoß zur Diagnostik auch von den Lehrkräften – aber nicht immer. Bei dem insgesamt sehr breiten Spektrum an Lese- und Rechtschreibleistungen in der Grundschule ist es auch für sie schwierig zu erkennen, ob ein Kind möglicherweise eine LRS hat oder einfach nur etwas langsamer lernt.

Der wissenschaftlich entwickelte Standardtest für die LRS-Diagnose dauert etwa 90 Minuten und wird in den LRS-Zentren des Studienkreises angeboten. Das Ergebnis gibt nicht nur Auskunft darüber, ob ein Kind eine Form der Lese-Rechtschreib-Schwäche hat, sondern liefert auch wichtige Hinweise, welche Ursachen dahinter stecken könnten und welche Förderung ein Kind benötigt. „Zum Beispiel zeigen die Ergebnisse, ob die Schwierigkeiten des Kindes mit der Wahrnehmung oder der Konzentration zu tun haben – oder ob das Kind bestimmte Rechtschreibregeln nicht verinnerlicht hat“, erklärt Davidi-Nieva. Melden die Eltern ihr Kind im Anschluss für eine LRS-Therapie an, liefern die Testergebnisse die Basis für die Förderung.

Lese-Rechtschreibschwierigkeiten haben nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun.

So läuft die LRS-Lerntherapie ab

Je nachdem, in welchen Bereichen ein Kind Unterstützung benötigt, erhalten die Kinder im Studienkreis ein individuelles Förderprogramm. „Die auditive Wahrnehmung zum Beispiel kann man gut durch Spiele fördern, bei denen die Kinder verschiedene Wörter mit ähnlich lautenden Anfangsbuchstaben zu unterscheiden lernen. Oder wir trainieren ihre ‘auditive Merkfähigkeit‘ mit einer besonderen Variante des Spiels ‚Ich packe meinen Koffer‘“, erklärt Davidi-Nieva. „Ist eher die visuelle Wahrnehmung betroffen, arbeiten wir zum Beispiel mit Wimmelbildern, auf denen sie Details oder kleine Fehler suchen sollen.“ Kinder, die die Rechtschreibregeln vertiefen müssen, üben bei uns Strategien, um in kniffeligen Rechtschreibfragen die richtige Entscheidung zu treffen – etwa ob ein Konsonant in einem Wort doppelt vorkommt oder ob ein Wort wie „Hund“ auf d oder t endet, obwohl man den Unterschied nicht hören kann.

Bis zu drei Kinder kommen in den Kursen der LRS-Lernzentren im Studienkreis zusammen, um in Präsenz an ihren Lese- und Rechtschreibleistungen zu feilen. Andere entscheiden sich für eine Online-Förderung – die dann als Einzelunterricht stattfindet.

Ohne Förderung verpassen viele Kinder den Anschluss

Bleibt eine LRS unerkannt, können die Folgen erheblich sein und die Kinder in der Schule abgehängt werden. Die Rechtschreibfehler wirken sich auf die schulischen Leistungen aus und die mit jedem Schuljahr größeren Mengen an Lesestoff lassen sich kaum bewältigen. Insbesondere Lesen gilt als Schlüsselkompetenz, mit der sich Kinder und Jugendliche Zugang zu weiterem Wissen erschließen können. Wer hier Schwierigkeiten hat, bekommt in fast allen Fächern Probleme. Hinzu kommt, dass oft das Selbstbewusstsein leidet, weil die Kinder und später Jugendlichen immer wieder erleben, dass ihnen nicht gelingt, was anderen Gleichaltrigen fast nebenbei von der Hand geht.

Auch Erleichterungen in der Schule – ein so genannter „Nachteilsausgleich“ – stehen nur Kindern mit einer diagnostizierten LRS zu. Solche individuellen Vereinbarungen zwischen Schule und betroffener Familie regeln, wie die Schwierigkeiten aus der LRS möglichst gut ausgeglichen werden. So bekommen die Kinder zum Beispiel bei Klassenarbeiten etwas mehr Zeit oder weniger Punktabzug für Rechtschreibfehler.

Die gute Nachricht für Eltern, deren Kinder LRS oder Legasthenie haben: Gelingt es, die Schwierigkeiten in der Lerntherapie in den Griff zu bekommen, stehen den Kindern alle Möglichkeiten offen. Wie weit es Menschen mit LRS bringen können, zeigt ein Blick auf Prominente mit Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten: So hatte angeblich der Physiker Albert Einstein eine LRS, ebenso wie der ehemalige US-Präsident John F. Kennedy, die Schriftstellerin Agatha Christie, die Schauspielerin Jennifer Aniston oder Apple-Gründer Steve Jobs.

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