Gedichte sind sprachliche Kunstwerke. Sie weisen häufig bestimmte formale Merkmale auf, die du bei deiner Analyse und Interpretation berücksichtigen musst. Der Reim ist typisch für Gedichte, aber besonders in modernen Gedichten verschwindet er immer mehr. In diesem Text soll es darum gehen, dir die einzelnen Reimschemata vorzustellen und dir zu zeigen, wie du sie bei der Analyse erkennen kannst.
Was ist ein Reimschema?
Zwei Wörter reimen sich, wenn sie vom letzten betonten Vokal an gleich klingen.
Beispiel
gehen - stehen
Woche - koche
Tage - Sage
Wir unterscheiden zwischen reinen und unreinen Reimen. Bei einem reinen Reim klingen die Reimsilben nach dem betonten Vokal an gleich:
Beispiel
Haus-Maus
lassen-hassen
Der unreine Reim wird auch Halbreim genannt. Im unreinen Reim werden auch Silben gereimt, die sich nur annähernd reimen.
Beispiel
lieben-siegen
sieben-Frieden
In Gedichten werden häufig die einzelnen Verse durch Endreime miteinander verbunden. Die regelmäßige Abfolge von Endreimen ergibt dann ein System, das wir Reimschema nennen. Mithilfe des Reimschemas können wir bei der Analyse also benennen, welche Versendungen sich in einer Strophe oder sogar strophenübergreifend reimen, indem wir jedem Reim einen bestimmten Buchstaben geben. Bestimmte Reimschemata haben feste Bezeichnungen, auf die wir später noch zu sprechen kommen.
Das Reimschema erkennen
Um das Reimschema eines Gedichts zu erkennen, markieren wir die sich reimenden Zeilen mit demselben Buchstaben. In der Vorarbeit kannst du sie zunächst natürlich auch erst einmal farblich markieren. Schauen wir uns das einmal an einem Beispiel an:
Beispiel
a Also kam er in aller Ruhe,
b sein Blick umher,
b da ist doch wer!
a dennoch öffnet er leise die Truhe.
In diesem Gedicht haben wir die sich reimenden Verse jeweils mit dem gleichen Buchstaben markiert und erkennen ein Muster: Ruhe reimt sich auf Truhe und umher reimt sich auf wer. Das Reimschema sieht hier also so aus: abba. Es reimen sich also der erste und der letzte Vers der Strophe sowie der zweite und der dritte Vers der Strophe. In diesem Fall heißt diese Form von Reimen umarmender Reim. Später schauen wir uns diese Reimform genauer an.
Methode
Die Buchstaben markieren die sich reimenden Verse. Immer, wenn uns ein neuer Reim begegnet, müssen wir die Buchstaben fortführen. Dazu nehmen wir dann einfach den nächsten Buchstaben aus dem Alphabet. Die Buchstaben werden immer kleingeschrieben.
Die verschiedenen Reimschemata
Es gibt viele Kombinationen von Reimen, weshalb wir zwischen verschiedenen Reimschemata unterscheiden, die jeweils eine eigene Bezeichnung besitzen. Diese Reimschemata wollen wir uns im Folgenden einmal anschauen:
Der Paarreim
Der Paarreim ist eine sehr eingängige Reimform. Er wird häufig in Kinderliedern oder Volksliedern eingesetzt. Der Rhythmus, der beim Lesen entsteht, sorgt dafür, dass man sich den Text gut merken kann. Häufig kommt in Gedichten mit Paarreimen eine fröhliche und unbeschwerte Stimmung auf, weshalb ihn die Autoren manchmal gerade deshalb einsetzen. Dies kannst du in deine Interpretation mit einbeziehen. Schauen wir uns dies an einem Auszug aus dem Gedicht Bewaffneter Friede von Wilhelm Busch an:

Wir sehen, dass sich immer zwei direkt aufeinanderfolgende Verse reimen. Damit ergibt sich für diesen Auszug folgendes Reimschema: aa bb cc dd e. Die sich reimenden Verse werden jeweils mit dem gleichen Buchstaben gekennzeichnet.
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Der Kreuzreim
Der Kreuzreim ist ein sehr bekanntes Reimschema. Wir finden ihn daher in zahlreichen Gedichten und sämtlichen literarischen Epochen. Er zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Endreime einer Strophe immer mit dem übernächsten Endreim reimen. Die Reime wechseln sich also ab. Schauen wir uns auch hierzu ein Beispiel an:

Das Gedicht von Conrad Ferdinand Meyer hat das Reimschema: abab cdcd efef. Du siehst an der farblichen Markierung, dass sich immer die übernächsten Verse reimen.
Der umarmende Reim
Ein umarmender Reim besteht aus zwei Reimpaaren. Es reimen sich also jeweils zwei Verse, wobei das eine Reimpaar das andere umschließt. Daher hat dieses Reimschema seinen Namen.

Das Reimschema des Gedichts Winter von Georg Trakl hat also folgendes Reimschema: abba, cddc, effe.
Gut zu wissen
Der umarmende Reim wird manchmal auch umschließender Reim oder umfassender Reim genannt.
Der Haufenreim
Der Haufenreim ist in einem Gedicht sehr leicht zu erkennen. In einem Haufenreim reimen sich alle Verse innerhalb einer Strophe aufeinander.

Das Reimschema ist also: aaaa. Alle Verse reimen sich untereinander. Dieses Muster finden wir recht selten in der Lyrik, obwohl es natürlich sehr eingängig ist.
Der verschränkte Reim
Der verschränkte Reim ist im Vergleich zum Kreuzreim oder zum Paarreim eher seltener in lyrischen Texten zu finden. Ein verschränkter Reim folgt dem Muster abcabc. Die einzelnen Paare aa bb cc sind also sozusagen ineinander verschränkt.

In dem Beispiel der dritten Strophe aus einem Gedicht von Karoline von Günderrode tritt der verschränkte Reim sehr deutlich auf. Anhand der farblichen Markierungen kannst du die sich reimenden Verse erkennen.
Der Schweifreim
Der Schweifreim gehört neben dem Paarreim und dem Haufenreim zu den bekanntesten Reimschemata und ist dir vielleicht schon einmal begegnet. Der Schweifreim wird immer aus sechs Versen gebildet. Die ersten beiden Verse bilden einen Paarreim, danach folgt ein umarmender Reim, der aus vier Versen besteht. Das Reimschema beim Schweifreim folgt also dem Muster: aa b cc b.

An dem berühmten Abendlied Der Mond ist aufgegangen von Matthias Claudius kannst du den Schweifreim gut erkennen. Der Schweifreim hat die Eigenschaft, dass er auch zwischen weiter entfernten Versen eine Verbindung schafft, denn der erste Vers wird beispielsweise erst ganz am Schluss wieder aufgegriffen.
Der Kettenreim
Obwohl der Kettenreim vielleicht auf den ersten Blick etwas komplizierter erscheint, kannst du ihn gut erkennen. Auch er folgt einem strikten Reimschema: aba bcb cdc. Der Kettenreim verbindet also immer dreizeilige Strophen miteinander. An einem Auszug aus Goethes Gedicht Im ersten Beinhaus war's kannst du den Kettenreim gut erkennen.

Du siehst, dass sich jeweils der mittlere Vers einer Strophe mit dem ersten und dritten Vers der folgenden Strophe reimt.
Nun hast du einige Reimschemata kennengelernt. Es gibt noch einige mehr, aber an dieser Stelle genügt es erst einmal. Jetzt geben wir dir noch einmal einen Überblick über die verschiedenen Reimschemata:
Merke
Paarreim: aa bb cc
Kreuzreim: abab cdcd efef
Umarmender Reim: abba cddc effe
Haufenreim: aaaa bbbb cccc
Verschränkter Reim: abcabc
Schweifreim: aa b cc b
Kettenreim: aba bcb cdc
Möchtest du das Reimschema herausfinden, dann markiere doch auch zunächst die sich reimenden Verse in der gleichen Farbe, um sie danach mit Buchstaben zu benennen.
Du kennst nun die verschiedenen Reimschemata und kannst diese mit etwas Übung auch in Gedichten erkennen. Beim Analysieren und Lösen unserer Aufgaben wünschen wir dir nun viel Spaß und Erfolg!
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