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Studienkreis Blog

„Doktere nicht an Schwächen herum!“

David Kadel betreut als Mentaltrainer Fußballprofis, als Motivationscoach Manager und als professioneller Mutmacher auch Schulen. Der Studienkreis hat mit ihm gesprochen.

Der Studienkreis hat mit Mentaltrainer, Motivationscoach und Mutmacher David Kadel gesprochen.
David Kadel ist Motivationstrainer, Mentalcoach und Mutmacher.

Herr Kadel, Sie arbeiten viel mit Fußballern. Im Sport ist es nicht leicht, sich nach Niederlagen oder Erfolgen immer wieder neu zu motivieren. Wie gelingt den Profis das?

Das Geheimnis ist einfach, dass sie das tun, was sie lieben. Ich selbst muss mich motivieren, wenn ich meine Steuererklärung mache – weil ich das hasse. Aber wenn ich an meinem Buch über Kinofilme weiterschreiben soll, muss ich mich dafür nicht extra motivieren – weil das eine Leidenschaft von mir ist. Es geht also darum, im Leben das zu finden, was mir Spaß macht.

Als Schüler muss ich allerdings viele Dinge tun, die mir keinen Spaß machen …

Wenn ich an Schulen unterwegs bin, sage ich immer: Wenn dir Mathe keinen Spaß macht, sieh zu, dass du dich durchschlängelst. Versuche, dich zu verbessern, aber doktere nicht an deinen Schwächen herum. Meine Philosophie ist: Konzentriere dich auf das, was du kannst! Wenn du eine gute Läuferin bist, lauf noch schneller. Wenn du gern Gitarre spielst, übe Gitarrespielen! Irgendwann bist du der Held am Lagerfeuer, und alle singen zu deinen Liedern mit. Im Englischen sagt man: „Where your focus goes, your energy flows.“ So bekommst du Freude und Lebensenergie, weil du merkst: Ich kann ja doch ein paar Dinge.

Am Ende steht aber die Mathenote im Zeugnis, nicht die im Gitarrespielen.

Das stimmt, aber im Grunde ist in der Schule doch Überleben angesagt. Niemand muss über Nacht zum Einserkandidat werden, eine Vier tut’s auch erst mal. Wie gern hätte ich als Schüler von einem Lehrer gehört: „Es ist ok, dass du in Mathe nicht gut bist. Dafür bist du in Musik gut und in Sport. Und Englisch kannst du auch ganz ordentlich.“ Ich glaube, wir sollten unsere Kinder immer wieder ermutigen, indem wir ihnen sagen: Es ist völlig ok, wenn du etwas nicht kannst – konzentriere dich auf das, was du liebst.

Nehmen wir eine 14-Jährige, gut im Sport. Fürs Training muss ich die nicht motivieren. Aber auf Schule hat sie keine Lust. Wie bekomme ich sie trotzdem zum Arbeiten?

Da funktioniert das Belohnungsprinzip. Sagen Sie dem Mädchen: „Du willst dich doch heute mit deinen Freunden treffen. Wenn du gleich deine Hausaufgaben machst, hast du danach deinen Frieden – ohne schlechtes Gewissen!“ Dieses Bewusstsein muss man beim Kind schaffen: Es lohnt sich, ungeliebte Aufgaben gleich zu machen, weil es mir danach viel besser geht.

Ich schubse also ein bisschen an und hoffe, dass das Kind von selbst weiterläuft?

Ja, aber nicht mit Druck, sondern mit Empathie. Verkaufen Sie es als Experiment: „Probier das jetzt doch mal aus. Wenn es blöd war, darfst du es beim nächsten Mal anders machen.“ Sie können sicher sein, dass sich das Kind hinterher gut fühlt. Und dann loben Sie den Erfolg, dass es dieses Experiment tatsächlich geschafft hat. So merkt das Mädchen: Ich kann etwas, ich habe meinen Hausaufgaben-Dämon in den Griff bekommen – und nicht er mich.

Funktioniert das auch bei ungeliebten Schulfächern?

Ja und nein. Ab einem gewissen Punkt braucht man Unterstützung. Meine Mutter hat mir mal Mathenachhilfe verordnet. Das war mir total peinlich, zumal mein Nachhilfelehrer mein Mitschüler war.

Wie unangenehm …

Ganz schlimm! Aber in manchen Fächern wie Latein oder Mathe ist einfach irgendwann der Zug abgefahren. Ob Ablativ oder Bruchrechnung, wenn du da nicht dranbleibst, findest du den Anschluss allein nie wieder. Zum Glück hatte mein Mitschüler eine ganz lustige Art, und so habe ich Mathe recht bald kapiert. Von da an lief es von allein besser. Mühselig, aber es ging.

Oft braucht es nur ein kleines Erfolgserlebnis, um wieder motiviert zu sein.

Genau: Sobald du etwas kapiert hast, bekommst du ein gutes Gefühl, und der Schrecken des Fachs schmilzt. Deswegen finde ich auch, dass in der Schule die Methodik viel zu sehr vernachlässigt wird. Wenn Kinder ein Fach nicht leiden können, muss man es ihnen mal ganz anders erklären. Wie der Lehrer im Film „Club der toten Dichter“, der aus Literatur ein Abenteuer macht.

David Kadel - Mentaltrainer, Motivationscoach
David Kadel betreut als Fußballprofis, Manager und unterstützt Schülerinnen und Schüler als Mutmacher.

Und damit seine Schüler begeistert.

Eben! Bei Vorträgen in Firmen erzähle ich immer, dass Menschen, die von ihrem Job begeistert sind, um ein Drittel produktiver sind. Ich hatte die Ehre, viele Jahre lang mit Jürgen Klopp zusammenzuarbeiten, der ja an allen seinen Stationen als Trainer Begeisterung hervorgerufen hat. Wie macht der das? Er ist ein Meister der Wertschätzung. Menschen möchten gesehen werden, sie wollen Anerkennung. Das bringt sie zur Höchstleistung, den 50-jährigen Angestellten in der Firma genauso wie den 25-jährigen Fußballer oder eben die 15-jährige Schülerin.

Da sollten sich unsere Lehrkräfte wohl an Jürgen Klopp ein Beispiel nehmen. Sie arbeiten mit vielen Menschen zusammen, zu denen andere aufschauen. Wie wichtig sind solche Vorbilder für die Motivation?

Aus meiner Sicht sind sie das Wichtigste. Wenn du unmotiviert bist, wenn du dich gefangen fühlst in deinem Leben, in deinem durchschnittlichen Dasein, dann hilft dir ein Vorbild sehr, daraus auszubrechen. Das können Prominente sein, aber auch andere Menschen, die dich inspirieren, einen Schnitt zu machen im Leben. Das ist dann der Moment, in dem du anfängst, über dich selbst nachzudenken, und erkennst: Mann, ich war mein halbes Leben lang faul – aber jetzt ändere ich mich, jetzt nehme ich mein Leben selbst in die Hand. Der Tennisstar Novak Djokovic hat sich einmal mit einem gerade gewonnenen Pokal an junge Leute gewandt und gesagt: „Wenn du einen Traum hast, musst du ihn gießen!“

Dafür braucht man allerdings zunächst einmal einen Traum.

Ich glaube schon, dass die meisten Schülerinnen und Schüler einen Traum haben, etwas, das sie erreichen möchten. Aber ihnen fehlt die Motivation und die Ausdauer dranzubleiben. Und dabei helfen mir Vorbilder, weil sie in mir Gedanken anstoßen.

Welche Gedanken sind das?

Sich selbst zu fragen: Was liegt mir denn im Weg, was stört meine Entwicklung? Warum bin ich nicht motiviert? Zu Schülerinnen und Schülern sage ich immer: Wenn du deine Zeit nur mit dem Handy verbringst, wirst du das nie wissen. Wenn du dich selbst kennenlernen willst, musst du auch Stille aushalten – ohne in die digitale Welt wegzurennen. Mach doch mal was ganz Verrücktes, etwas, das niemand macht in deinem Alter: Lies ein Buch! Nur wenn du Zeit mit dir selbst verbringst, wirst du wissen, wer du eigentlich bist. Und dann hast du auch kein Problem mit der Motivation.

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