Fit fürs Gymnasium? Vom Jobwechsel einer/s 10-Jährigen
Es ist die Pflicht aller Eltern, ihren Kindern zum Schulerfolg zu verhelfen. So ist es in den „Mitwirkungsrechten“ (§ 2 Abs. 3, § 37 SchulG) gesetzlich verankert.
Pflichtbewusst nehmen viele Eltern aktiv an der Gestaltung des Schulübergangs ihres Kindes teil. Nimmt das viel Zeit und Energie in Anspruch, sprechen Kritiker wie Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, von einer „Übertritts-Hysterie“: ein zeitweilig starkes Bedürfnis, das eigene Kind zu fördern, kombiniert mit dem Druck, es auf die bestmögliche weiterführende Schule zu schicken. Proportional steigt hier auch der direkte Druck auf das Kind, wenn die Noten nicht für den Übertritt auf die ersehnte Schulform reichen oder die ersten Noten im Gymnasium stark abfallen. Damit es gar nicht erst so weit kommt, geben wir Tipps für einen gelungenen Schulwechsel.
Leistungsdruck sollte vermieden werden
Die Sorge, die zum gesteigerten Engagement der Eltern führt, ist verständlich: immer mehr Berufe verlangen sogenannte „qualifizierte Berufsabschlüsse“ – mindestens also das Fachabitur. Sollte man sein Kind aufgrund dieser Sachlage aber nun dazu bringen, schon in der Grundschule stundenlang zu lernen, um den Übertritt ins Gymnasium zu schaffen oder – wenn erfolgreich im Gymnasium angekommen – im Leistungsvergleich mit den anderen Schülern schnellstmöglich mithalten zu können?
Auch wenn der Anspruch der Eltern, dem Nachwuchs möglichst viel Bildung mit auf den Weg zu geben, prinzipiell lobenswert ist, steht zunächst einmal das akute Wohl des Kindes im Vordergrund. Moderate Förderung hilft, eventuelle Wissenslücken zu schließen und dem Kind somit den Schulalltag zu erleichtern, das Selbstbewusstsein zu stärken und die Noten zu verbessern. Klar ist jedoch auch: enormen Leistungsdruck im frühen Kindesalter gilt es zu vermeiden. Studien haben ergeben, dass der Druck bei jungen Kindern in den letzten Jahren drastisch gestiegen ist, was gesundheitliche Konsequenzen zur Folge hat. Fehlende Lernmotivation und wiederkehrende körperliche Symptome wie Bauchschmerzen ist da nur ein Problem.
Der „Jobwechsel“ – ein neuer Abschnitt beginnt
Vor allem Gymnasiasten sind von einer „Übertritts-Krise“ betroffen, da die Leistungsanforderungen in den ersten Wochen enorm ansteigen. Haupt- und Realschüler bleiben davon zunächst weitestgehend verschont, obgleich das „Neue“ natürlich alle Schüler gleichermaßen herausfordert: Neue Schule, neuer Schulweg, neue Freunde (und Feinde!), neue Lehrer, neue Fächer, neue Aufgaben und neue Verantwortung für das Selbst. Ganz schön viel, was so ein/e 10-Jährige/r erst einmal verarbeiten muss – wie nach einem Jobwechsel.
Tipps für den Übertritt auf die weiterführende Schule
Was können wir also tun, um unseren Kindern den Übergang und Einstieg in das Gymnasium zu erleichtern, ohne sie übermäßigem Druck auszusetzen?
- Zunächst einmal kann man Entwarnung geben: Zwar fühlen sich viele Kinder in der weiterführenden Schule überfordert und sind verunsichert, spätestens aber nach den ersten Weihnachtsferien hat sich der Großteil eingewöhnt. „Dem Kind Zeit geben“ lautet also der erste Tipp. Wichtig ist zudem, dem Kind genau zuzuhören, wenn es von den ersten Eindrücken, Erfahrungen und Problemen erzählt. Da am Gymnasium mehr Distanz zwischen den KlassenlehrerInnen und den Kindern besteht, könnten Ihre Lösungsvorschläge dringend von Nöten sein.
- Erstes Kennenlernen: Nutzen Sie Schnupper- und Kennenlerntage dazu, Ihrem Kind die neue Schule, KlassenlehrerIn und eventuell sogar MitschülerInnen näherzubringen. An vielen Schulen gibt es sogenannte KlassenpatInnen aus höheren Jahrgangsstufen, die die neuen 5. Klassen begleiten und als Berater und Ansprechpartner dienen. Auch der Schulweg will erprobt sein. Vielleicht haben Kinder aus der Nachbarschaft fortan denselben Schulweg?
- Ausstattung: Bücher, Materialien und ein rückenschonender Rucksack sollten frühzeitig besorgt werden, damit pünktlich zum Schulstart alles da ist. Sein Kind in die Planung und Besorgungen einzubinden, ist sicher eine gute Idee, um dem Kind zu signalisieren, dass es fortan mehr Verantwortung für seine Ausbildung trägt. Ein Hausaufgabenheft, in dem alle Hausaufgaben und Zusatzaufgaben notiert und abgearbeitet werden, ist ebenso wichtig. Da die Schultage nun länger werden, sollten zudem verschiedene Portionen Nahrung mit in die Schule gegeben werden. Es eignen sich Obst und Gemüseportionen, die über den Tag verteilt gegessen werden können.
- Experten empfehlen inhaltliches „Vorbereiten“ nur dann, wenn es im Vornerein konkrete Empfehlungen der weiterführenden Schule gibt, bestimmte Bereiche nachzuarbeiten. Hier liegt die Sorge zugrunde, dass sich eventuelle Schwächen in der Grundschule möglicherweise im Gymnasium verstärken. Hier kann es sinnvoll sein, in den Ferien Wissenslücken zu schließen, die den Einstieg in das neue Schuljahr verringern. Sollte man sich dafür entscheiden, das Kind auch inhaltlich auf das Gymnasium vorzubereiten, ist es wichtig, sich nicht in Details zu verlieren, sondern das große Ganze im Auge zu behalten. Sinnvoll kann auf ganzer Linie sein, regelmäßig die knifflige deutsche Rechtschreibung zu üben. Statistisch gesehen haben die meisten Gymnasiasten in den ersten drei Jahren größere Defizite in der Rechtschreibung.
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