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Studienkreis Blog

Von Smartphoneklebern und virtuellem Kot

Eine Leben ohne Smartphone? Undenkbar!Meine kleine Feldstudie heute Morgen in der U-Bahn brachte ein für mich überraschendes Ergebnis: Das Smartphone ist bei den Mitgliedern der Zielgruppe 14 bis 29 Jahre gar nicht an der Handinnenfläche festgewachsen. Bis dahin war ich fest davon ausgegangen, dass die äußere Hautschicht und die Ummantelung des mobilen Allroundgerätes per biochemischer Reaktion einen dauerhaften Verschmelzungsprozess durchlaufen haben mussten. Alles Quatsch, denn ich sah mit eigenen Augen, dass so ein Gerät auch schon einmal zu Boden fallen kann.

Und schon war eine Geschäftsidee geboren. Die hautfreundliche Haftmasse, die ein solches Abgleiten zuverlässig verhindert. Aber vielleicht gibt es das bereits als App zum Download. Was macht eigentlich das Smartphone zu einem solch unverzichtbaren Lebensbegleiter, den man niemals aus der Hand geben will? Für Kinder zumindest scheint diese Frage nun beantwortet: Es ist ein „Alleskönner und Geheimnisträger“. Das hat jedenfalls der Werbezeitenvermarkter IP Deutschland in seiner recht sperrig klingenden Studie „Kartografie von Bewegtbild – Kinder“ herausgefunden. Während das gute alte Fernsehen ein „medialer Schutz- und Kuschelraum“ und der Computer ein „multifunktionaler Energybooster“ sei, vermittele das Smartphone schon den Jüngsten Unabhängigkeit. Sie können Geheimnisse mit ihren Freunden teilen, ohne dass die Eltern es mitbekommen.

Der Pou wird sterben!

Beliebte App fürs Smartphone - der PouIch selbst habe fünfzehn Jahre nach dem Erscheinen des weltberühmten japanischen Elektronikspielzeugs „Tamagotchi“  noch eine andere wichtige Bedeutung des Smartphones entdeckt. Es ist ein Lebensretter. Nicht des eigenen, sondern der hilflosen virtuellen Kreatur. Woher ich das weiß? Ein Konflikt mit meinem 11-jährigen Sohn führte dazu, dass ich sein Handy als erzieherische Maßnahme drei Tage lang einziehen wollte. Sofort brach er in Tränen aus und schrie mit weit aufgerissenen Augen: „Dann stirbt aber der Pou!“ Der Pou ist im Grunde nichts weiter als eine App, in der es um einen virtuellen Haufen Kot mit großen Augen geht. Man muss den Pou füttern, waschen und kann mit ihm spielen. Vernachlässigt man ihn, segnet er schon bald das Zeitliche. So viel Schuld konnte ich nun wirklich nicht auf meinen und den schmalen Schultern meines Sohnes abladen und musste versprechen, mich in diesen drei Tagen fürsorglich um das kleine Exkrementemännchen zu kümmern. Und schon tut sich ein neues Blogthema auf: „Was tun unsere Kinder eigentlich den ganzen Tag mit ihren Smartphones?“

2 Kommentare zu “Von Smartphoneklebern und virtuellem Kot”

  1. Von Tanja am Jun 26, 2013

    Also, ich kann den 11-jährigen Sohn sehr gut verstehen. Wir haben den Pou nämlich auch alle sehr lieb. Ich dachte aber immer, der Pou sei eine Kartoffel …

  2. Von Thomas Momotow am Jun 26, 2013

    Die Vorstellung, er sei eine Kartoffel, ein Knetgummimännchen oder was auch immer, ist mir auch viel lieber als die bittere Wahrheit.

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