„Die Aufgabe mach´ ich jetzt nicht, die mach´ ich in der Nachhilfe“
Letzte Woche hatte ich eine befreundete Lehrerin bei mir zu Hause zu Besuch und – wie so oft – kamen wir auch auf ihren Schulalltag zu sprechen. Sie unterrichtet Französisch und Englisch an einem Gymnasium und diesmal ging es um das Thema Mitarbeit und Motivation der Schüler. Es ging um den Knochenjob, Entertainer im 45-Minuten-Takt für 25-30 „Schulbesucher“ einer Klasse zu sein, sie anzuregen, ihre Aufmerksamkeit zu erhalten und, ja, auch Spaß an der Sache zu vermitteln (weil sich ohne Spaß Gelerntes nur schlecht in unserem Gehirn verankert). Und das wäre halt schwierig, wenn es Schüler gibt, die nicht mitarbeiten, weil sie die Aufgabe lieber in der Nachhilfe machen würden. Jedenfalls sei das ein beliebtes Argument.
Hier wurde ich stutzig. Was für ein Verständnis haben die Schüler eigentlich von zusätzlicher Lernförderung? Soll der Nachhilfeunterricht eine Ersatzschule sein? Soll der Schüler sich aussuchen können, wo er den Stoff lernt? Ob in der Regelschule oder in der Nachhilfestunde?
Was genau ist eigentlich Nachhilfe?
Es ist ganz interessant, einmal zu recherchieren, was Nachhilfe eigentlich ist. Schaut man bei Wikipedia, dann wird hier von „Unterstützung von Lernenden“ gesprochen. Wie dies vonstattengeht, darüber erfährt man wenig. Ist es ein individuelles Erklären, ein Üben, ein Anwenden? Findet es innerhalb einer vorab geplanten Unterrichtsstruktur statt oder ist es eher impulsgesteuert und dem jeweils aktuell drängenden Problem am Tage geschuldet? Wenn all das Nachhilfe ist, dann stellt sich die Frage, ob es eigentlich Komponenten des Nachhilfeunterrichts gibt, die den Unterricht besonders wirksam machen: Ist Unterrichtsmethode X oder Y wirksamer für den Lernerfolg? Solche Methoden lassen sich aus dem aktuellen Forschungsstand der Pädagogik, Psychologie oder auch Neurowissenschaften herleiten. Die empirische Unterrichtsforschung bemüht sich dabei um wissenschaftlich fundierte Methoden, die sich nicht einfach mit einem „Wirkt schon irgendwie“-Glaubenssatz zufrieden gibt.
Eine solche wissenschaftliche Methodendiskussion, wie sie für den Regelunterricht mittlerweile üblich ist (z. B. sehr empfehlenswert: M. Felten & E. Stern, 2012: Lernwirksam unterrichten) fehlt im Nachhilfesegment fast zur Gänze. Aber warum ist das überhaupt erforderlich? Kann man nicht einfach die Ergebnisse des Regelunterrichts auf die Nachhilfe übertragen? Um dies zu beantworten, muss man sich anschauen, was eine Nachhilfestunde von einer regulären Schulstunde unterscheidet.
Nachhilfe erfolgt oft einzeln oder in kleinen Gruppen. Nachhilfe erarbeitet keine neuen Inhalte, sondern bearbeitet schon in der Schule Behandeltes. Nachhilfe ist Förderung an der Stelle, wo schulische Schwierigkeiten bestehen. Also: Situation, Inhalte und Zielgruppe weichen zumeist ab. Schon diese drei Punkte machen deutlich, dass man wirksame Methoden für den Regelunterricht nicht einfach auf die Nachhilfe übertragen kann.
Das Qualitätsversprechen des Studienkreises
Im Studienkreis bemühen wir uns daher, innerhalb eines methodischen Rahmens zu arbeiten und den Unterricht eben nicht vom Geschick der Lehrkraft allein abhängig zu machen. Unsere Eltern vertrauen uns, weil wir als Institution ein Qualitätsversprechen abgeben. Das können wir nur deshalb tun, weil wir ein Lernkonzept etabliert haben, welches sich an der genannten Besonderheit des Nachhilfeunterrichts orientiert und wissenschaftlich verankert ist.
Mein Besuch von letzter Woche war übrigens erleichtert, als ich deutlich die Position ablehnte, Nachhilfe wäre die Fortführung von Klassenunterricht mit anderen Mitteln. Als Nachhilfeeinrichtung brauchen wir im Gegenteil gute Lehrer und guten Unterricht im Regelschulbetrieb, um ZUSAMMEN einen Lernerfolg beim Schüler zu bewirken. Die Mitarbeit des Schülers im Regelunterricht ist ja gerade eines der Ziele von Nachhilfe.