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Lernschwächen bei Kindern

Nonverbale Lernstörung (NLS) bei Kindern

Nonverbale Kommunikation nimmt bei sozialen Interaktionen eine wichtige Stellung ein. Die Verständigung ohne Worte ist ein selbstverständlicher Teil vieler zwischenmenschlicher Beziehungen. Selbst die verbale Kommunikation wird teilweise von nichtsprachlichen Zeichen begleitet. Für Kinder mit einer nonverbalen Lernstörung bleibt diese Form der Verständigung häufig rätselhaft, da ihre Fähigkeit, nonverbale Signale anderer Menschen zu ‚lesen‘, stark eingeschränkt ist. Zusätzlich sind die Koordination und die räumlich-visuelle Wahrnehmung der Kinder durch die nonverbale Lernstörung beeinträchtigt.

Gleichzeitig wird schnell auffällig, dass betroffene Kinder eine ausgeprägte Sprachbegabung aufweisen. Ihr Leseverständnis und ihr Wortschatz sind bereits in jungem Alter hochentwickelt. Bei einer nonverbalen Lernstörung handelt es sich demnach um ein neuropsychologisches Syndrom, dass sich durch bestimmte Einschränkungen sowie spezielle Fähigkeiten bemerkbar macht.

Im alltäglichen Umgang mit ihren Mitmenschen sowie in spezifischen Lernsituationen ergeben sich jedoch deutliche Probleme für Kinder mit NLS. Eine frühzeitige Therapie kann Kindern dabei helfen, diese Schwierigkeiten zu bewältigen. Die Diagnose stellt oftmals eine Herausforderung dar, vor allem da das Phänomen der nonverbalen Lernstörung in Deutschland noch recht unbekannt ist. In diesem Artikel gehen wir daher etwas näher auf die Symptome einer nichtsprachlichen Lernstörung ein und beschreiben die therapeutischen Maßnahmen, die Betroffenen eine möglichst selbstständige Lebensführung ermöglichen sollen.

Nonverbale Lernstörung – Symptome

Wie der Name erahnen lässt, liegen die Defizite von Kindern mit einer nonverbalen Lernstörung nicht im sprachlichen Bereich. Im Gegenteil entwickelt sich die Sprache der Kinder häufig sehr früh. Ihre Umwelt erforschen sie bereits im Kindergartenalter hauptsächlich verbal, indem sie viele Fragen zu unterschiedlichen Themen stellen. Wissbegier und hochentwickelte sprachliche Fähigkeiten sind zunächst positive Eigenschaften, die viele Eltern mit Stolz erfüllen. Häufig werden diese Symptome als Anzeichen für eine allgemeine Hochbegabung verstanden. Im Falle der NLS verfügen die betroffenen Kinder zwar über spezielle Fähigkeiten, weisen aber auch behandlungsbedürftige Defizite auf. Auf welche Symptome sollten Sie demnach achten, um eine nonverbale Lernstörung zu erkennen?

  • ungeschickte, unbeholfene Bewegungen
  • Störung der Feinmotorik (z.B. Schwierigkeiten mit der Handschrift)
  • Koordinationsprobleme, die auch das Gleichgewicht und die visuell-motorische Koordination betreffen
  • Schwierigkeiten mit der räumlich-visuellen Wahrnehmung
  • starke Verständnisprobleme bei nonverbaler Kommunikation/nichtsprachlichen Signalen
  • Probleme, soziale Kontexte und Interaktionen korrekt zu interpretieren und zu beurteilen
  • mangelhafte Anpassungsfähigkeit bei ungewohnten Situationen

Bei Intelligenztests erzielen Kinder mit einer nonverbalen Lernstörung signifikant höhere Werte bei der verbalen Intelligenz im Vergleich zur Handlungsintelligenz. Ihre Schwierigkeiten liegen demnach im Bereich der nonverbalen Kommunikation und Interaktion. Die Interpretation der Mimik, Gestik und Körperhaltung anderer Menschen stellt für sie eine deutliche Herausforderung dar. Da ihre sozialen Interaktionen durch ihr mangelndes Verständnis für Körpersprache beeinträchtigt werden, sind sie mitunter von ihren Altersgenossen isoliert. In vielen gesellschaftlichen Kontexten treffen ihre Verhaltensauffälligkeiten auf Unverständnis. Durch diese negativen Erfahrungen wird die Entwicklung von psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen begünstigt, durch die betroffene Kinder zusätzlich belastet werden.

Ein weiteres Merkmal der nonverbalen Lernstörung sind Störungen der Motorik und Koordination, wodurch die Kinder vor allem in ihrer Feinmotorik eingeschränkt sind. Auch der Gleichgewichtssinn sowie die räumlich-visuelle Wahrnehmung werden durch die nichtsprachliche Lernstörung beeinträchtigt. Die Auswirkungen zeigen sich bereits beim Gehen, Laufen und auch bei anspruchsvolleren Bewegungsabläufen wie dem Fahrradfahren. Generell besteht für Kinder mit NLS ein höheres Verletzungsrisiko.

In der Schule werden die Probleme bei Kindern mit NLS eher in Fächern sichtbar, in denen ihre motorischen Fähigkeiten gefordert werden:

  • Ihre motorischen Einschränkungen sorgen dafür, dass ihnen bereits einfache sportliche Betätigungen schwerfallen (z.B. einen Ball zu treten).
  • Im Mathematikunterricht können sie Schwierigkeiten haben, Zeichen- und Messgeräte zu benutzen. Auch Rechenprobleme sind bei Kindern mit NLS nicht ungewöhnlich.
  • Handschriftliche Aufzeichnungen bereiten den Kindern Probleme, da sie häufig angestrengt und langsam schreiben.
  • Linien und Spalten können sie bei ihren Arbeitsmaterialien nur schwer einhalten, weshalb ihre Heftführung häufig unordentlich wirkt.
  • Zur Erledigung von schriftlichen Aufgaben benötigen sie mehr Zeit als ihre Klassenkameraden.

Neben ihren Defiziten verfügen Kinder mit NLS jedoch über eine deutliche Sprachbegabung. Diese zeigt sich dadurch, dass sie bereits sehr jung das Lesen lernen und einen umfangreichen Wortschatz ausbilden. Ihr sprachliches Talent erleichtert es ihnen außerdem, Fremdsprachen zu erlernen.

Im Schulalltag fällt allgemein auf, dass sich ihre Schwierigkeiten verschlimmern, wenn sie schnell arbeiten müssen oder sich an ungewohnte Situationen anpassen sollen. Obwohl sie sehr wissbegierig sind, fällt es ihnen daher nicht leicht, neue Erfahrungen zu sammeln. Ebenso fällt es ihnen schwer, Zusammenhänge in bestimmten Situationen zu erkennen. Im Allgemeinen achten sie eher auf Details als auf die Gesamtsituation oder den umfassenden Eindruck.

Nonverbale Lernstörung – Diagnose

Die genaue Ursache für die Entwicklung einer nonverbalen Lernstörung sind nicht bekannt. Forscher vermuten jedoch, dass bei betroffenen Kindern neurologische Schäden bestehen. Ob bei Ihrem Kind eine nonverbale Lernstörung vorliegt, kann nur durch eine differenzierte ärztliche Diagnose festgestellt werden. Da das Krankheitsbild im deutschen Sprachraum noch recht unbekannt ist, sollten Sie im besten Falle einen Arzt aufsuchen, der Erfahrungen mit nichtsprachlichen Lernstörungen hat. Dabei sollte beachtet werden, dass die Symptome von NLS und dem Asperger-Syndrom Überschneidungen aufweisen, vor allem in Hinblick auf ihr Sozialverhalten. Nicht alle Kinder mit einer NLS sind jedoch autistisch. Um eine Fehldiagnose zu vermeiden, sollten Sie im Verdachtsfall daher am besten einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie aufsuchen.

Zur Diagnostik gehören gründliche körperliche und psychiatrische Untersuchungen sowie spezielle Lern- und Leistungstests. Ein Intelligenztest muss eine Unterscheidung zwischen verbaler und nonverbaler Intelligenz ermöglichen. Da Kinder mit NLS auch von Wahrnehmungsstörungen betroffen sind, muss der Test eine Aufschlüsselung ermöglichen, die solche Einschränkungen berücksichtigt. Häufig wird der HAWIK-Intelligenztest zur Diagnose empfohlen. (Quelle: Was versteht man unter einer Nonverbal Learning Disorder (NLD)?)

Therapie bei nichtsprachlichen Lernstörungen

Obwohl eine nonverbale Lernstörung nicht heilbar ist, können die Symptome der Störung in vielen Fällen erfolgreich behandelt werden. Ziel von therapeutischen Maßnahmen ist es, Kindern bei der Überwindung von alltäglichen Hindernissen zu helfen und ihnen eine erfolgreiche Lebensführung zu ermöglichen. Ein Therapiekonzept sollte nach einer differenzierten Diagnose erfolgen und an die individuellen Bedürfnisse Ihres Kindes angepasst sein:

  • Durch Physiotherapie oder Ergotherapie soll die Motorik, Koordination und Wahrnehmung der Kinder verbessert werden.
  • Psychotherapie (häufig in Form von Gesprächstherapie) hilft betroffenen Kindern dabei, mit Problemsituationen umzugehen und ihr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl zu steigern.
  • Spezielles Training der sozialen Kompetenzen unterstützt Kinder dabei, in sozialen Kontexten souveräner aufzutreten.

Im Idealfall sollte eine Behandlung der motorischen Einschränkungen und Koordinationsprobleme bereits im Vorschulalter beginnen. Da die nonverbale Kommunikation für betroffene Kinder nur schwierig oder gar nicht zu meistern ist, fällt ihr ungewöhnliches Verhalten in sozialen Kontexten anderen Kindern meist recht schnell auf. Hänseleien und Ausgrenzungen können die Folge sein. Psychologische Unterstützung ist daher vor allem nötig, wenn Ihr Kind zurückgezogen und ängstlich wirkt, Anzeichen für eine depressive Verstimmung aufweist oder zu Wutausbrüchen neigt.

Durch eine frühzeitige Behandlung werden die Chancen erhöht, dass Betroffene im Erwachsenenalter zu einem höheren Maß an Selbstständigkeit in der Lage sind. Bei starken Beeinträchtigungen sollte die Therapie langfristig erfolgen, um zu verhindern, dass sich die Symptome erneut verschlimmern.

Fazit

Kinder mit einer nonverbalen Lernstörung sind meist nicht oder nur begrenzt dazu in der Lage, nichtsprachliche Signale und Zeichen korrekt zu verstehen. Ihre sozialen Kompetenzen sind deutlich eingeschränkt, wodurch sie nur schwer Kontakte knüpfen können. Des Weiteren sind die motorische Koordination und der Gleichgewichtssinn von Kindern mit NLS merklich beeinträchtigt. Auf der anderen Seite zeigen betroffene Kinder ausgeprägte sprachliche Fähigkeiten. Sie lernen früh das Sprechen und Lesen, zeigen einen verstärkten Rededrang, und erforschen ihre Umgebung weniger durch Berührung oder visuelle Wahrnehmung, sondern durch Erfragen.

Eine nonverbale Lernstörung ist zwar nicht heilbar, allerdings können die Symptome durch eine Therapie gemildert werden. Physio- oder Ergotherapie kann dabei helfen, feinmotorische Schwierigkeiten zu beheben sowie den Gleichgewichtsinn und die Koordination zu verbessern. Bei einer Verhaltenstherapie können wiederum die sozialen Kompetenzen gestärkt werden. Unterschiedliche Behandlungsmethoden sollen es Kindern ermöglichen, ihre Beeinträchtigungen in alltäglichen Situationen und beim Lernen zu bewältigen.

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