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Lernschwächen bei Kindern

Lernschwierigkeiten trotz Hochbegabung

Entwickelt Ihr Kind früh eine beeindruckende Sprachbegabung, verfügt es über eine ausgeprägte Beobachtungsgabe oder zeigt Begeisterung für komplexe und schwierige Aufgabenstellungen und altersuntypische Themengebiete? Klagt es über Langeweile im Unterricht und äußert sich seine Unzufriedenheit in der Schule durch Ungehorsam? Diese Verhaltensweisen liefern wertvolle Hinweise für eine mögliche Hochbegabung.

Wenn Sie bei Ihrem Kind Anzeichen für eine Hochbegabung bemerken, sollten Sie diesen Verdacht abklären lassen. Ein Intelligenztest kann Aufschluss darüber liefern, ob Ihr Kind hochbegabt ist. Auf diesem Weg können Sie ausschließen, dass dem auffälligen Verhalten andere Ursachen zugrunde liegen. In diesem Artikel erfahren Sie, dass Förderung für hochbegabte Kinder nötig ist, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen und Schwierigkeiten im Schulalltag vorzubeugen.

Wann gilt ein Kind als hochbegabt?

Von Hochbegabung wird gesprochen, wenn bei einer Person ein Intelligenzquotient von über 130 festgestellt wird. Liegt der IQ zwischen 115 und 130 gilt die betroffene Person als überdurchschnittlich begabt. Der Intelligenzquotient lässt sich durch einen Intelligenztest ermitteln, der von einem Psychologen durchgeführt werden sollte, der bereits Erfahrungen mit hochbegabten Kindern vorweisen kann. Eine Auswertung verschiedener Intelligenztests in Hinblick auf ihre Nützlichkeit bietet das Karg Fachportal für Hochbegabung. Im Anschluss an den Intelligenztest können Maßnahmen geplant werden, um Ihr hochbegabtes Kind zu fördern.

Viele Eltern sehen im Verhalten ihres Kindes Anzeichen für eine Hochbegabung, etwa stark ausgeprägten Wissensdurst und eine schnelle Auffassungsgabe. Tatsächlich ist das Phänomen der Hochbegabung sehr selten – nur etwa 2 % der Bevölkerung erfüllen die Kriterien, um als hochbegabt eingestuft zu werden. Ziehen Sie daher keine voreiligen Schlüsse. Wenn einem normal begabten Kind plötzlich die Leistungen eines Hochbegabten abverlangt werden, schädigt das womöglich das Selbstbewusstsein des Kindes und sorgt für unnötigen Leistungsdruck.

Anzeichen für Hochbegabung erkennen

Bisher wurden die Ursachen für das Auftreten einer Hochbegabung nicht eindeutig geklärt. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass verschiedene genetische und soziale Faktoren zusammenwirken. Eine Hochbegabung hat daher zahlreiche Erscheinungsformen. Im Verhalten Ihres Kindes können Sie jedoch meist deutliche Hinweise auf eine Hochbegabung erkennen.

Hinweise für Hochbegabung – Intellektuelles Leistungsvermögen

Hochbegabte Kinder überspringen manchmal bestimmte Entwicklungsphasen oder durchlaufen sie sehr schnell: Sie lernen beispielsweise früh das Laufen und Sprechen. Sie sind sehr neugierig und möchten schnell neue Kenntnisse erwerben. Unter bestimmten Voraussetzungen bringen hochbegabte Kinder sich vor der Einschulung bereits eigenständig Lesen oder Schreiben bei und zeigen in Alltagssituationen bereits ein grundlegendes Rechenvermögen (Quelle: DGhK e.V.).

Folgende Verhaltensweisen können Hinweise darauf liefern, dass Ihr Kind hochbegabt ist:

  • Verwendung der Sprache auf einem hohen Niveau
  • Ausbildung eines umfangreichen Wortschatzes
  • bereits im Vorschulalter auffälliges Interesse an Symbolen, Zahlen und Buchstaben
  • Fähigkeit zum autodidaktischen Lernen
  • große Merkfähigkeit für Daten und Fakten
  • schnelle Auffassungsgabe
  • Verständnis für komplexe Probleme
  • ausgeprägtes logisches Denkvermögen
  • unbändige Neugier und Wissbegierde

Haben Sie den Verdacht, dass Ihr Kind hochbegabt sein könnte, sollten Sie zur Absicherung einen Intelligenztest durchführen lassen. Dabei wird die Begabung Ihres Kindes möglichst objektiv gemessen. Da in sehr jungem Alter noch viele Entwicklungsvorgänge in kurzer Zeit stattfinden, können die Ergebnisse im Kindergartenalter noch nicht schlüssig sein. Ab einem Alter zwischen 6 und 7 Jahren sind die Testergebnisse stabiler und zuverlässiger.

Da betroffene Kinder häufig einen Überschuss an Energie haben und zu Unruhe neigen, ähneln ihre Symptome in bestimmten Fällen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Es ist nicht auszuschließen, dass beide Phänomene gemeinsam auftreten. Allerdings sind nicht alle Kinder, die an ADHS leiden, gleichzeitig hochbegabt. Daher sollte frühzeitig geklärt werden, ob Ihr Kind zusätzlich zur Hochbegabung von einer Entwicklungs- oder Verhaltensstörung betroffen ist.

Verhaltensauffälligkeiten bei hochbegabten Kindern

In vielerlei Hinsicht scheint ein hochbegabtes Kind seinen Altersgenossen voraus zu sein. Seine Fähigkeiten in bestimmten Bereichen können bereits sehr weit entwickelt sein, oftmals erwirbt es sehr umfangreiche Kenntnisse in einem bestimmten Interessenbereich. Es übernimmt bereitwillig Verantwortung und ist zuverlässig bei Planungs- und Organisationsaufgaben.

Hochbegabte Kinder zeigen selbstverständlich den Wunsch nach intellektuellen Herausforderungen. Bei Aufgaben, die viele Wiederholungen erfordern, oder bei Routinearbeiten langweilen sie sich hingegen schnell. Bei einer ständigen Unterforderung reagieren sie häufig mit Widerwillen und verweigern mitunter die Mitarbeit im Unterricht. Viele schulische Aufgaben fordern sie nicht heraus, sondern langweilen sie stark. Dies kann wiederum dazu führen, dass sie in der Schule aufsässiges Verhalten zeigen oder den Unterricht stören, um auf sich aufmerksam zu machen.

Auffälliges bzw. problematisches Verhalten in der Schule oder in anderen sozialen Kontexten kann daher ein Anzeichen für eine nicht diagnostizierte Hochbegabung sein.

Folgende Anzeichen deuten auf eine Unterforderung:

  • Störung des Unterrichts
  • Verweigerung von Schulaufgaben/Hausaufgaben
  • Schulangst
  • aggressives oder rebellisches Verhalten
  • psychosomatische Beschwerden (Kopfschmerzen, Bauchschmerzen etc.)

Kinder mit einer Hochbegabung sind oftmals sehr eigensinnig und haben das starke Bedürfnis, sich persönlich zu entfalten. Einerseits sind Eigenverantwortung und der Wunsch nach Selbstverwirklichung positive Eigenschaften, andererseits können sie dadurch schnell zu Einzelgängern werden. Oftmals vertreten hochbegabte Kinder ihre Meinungen mit Nachdruck und hinterfragen selbst direkte Anweisungen von Autoritätspersonen kritisch.

Im Kontakt mit Gleichaltrigen fällt meist schnell auf, dass hochbegabte Kinder oftmals altersuntypische Interessen ausbilden. Der Kontakt zu anderen Kindern fällt ihnen daher nicht immer leicht, da sie unter Umständen als Besserwisser oder Außenseiter gelten. Auf der anderen Seite verfügen sie meist über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und setzen sich bereitwillig für Mitschüler ein.

Hochbegabung als Lernschwäche?

Auch wenn es zunächst widersprüchlich klingen mag: Hochbegabung kann in manchen Fällen als Lernschwäche angesehen werden. Da hochbegabte Kinder sich vor allem bei grundlegenden Aufgaben unterfordert fühlen, erreichen sie ohne Aufwand gute Leistungen. Dadurch entwickeln sie allerdings nicht die Lern- und Arbeitstechniken, die für komplexere Lerninhalte und Aufgaben nötig sind. Zudem können sie oftmals nur schlecht mit Misserfolgen und Frustration umgehen. Eine Hochbegabung muss daher nicht unbedingt zu schulischen Erfolgen führen.

Hochbegabte Kinder können zudem von Teilleistungsstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie betroffen sein. Solche Lernstörungen werden dadurch charakterisiert, dass sie im Widerspruch zum allgemeinen Leistungsvermögen des Kindes stehen. Selbst überdurchschnittlich intelligente Kinder können dementsprechend durch Lernschwächen eingeschränkt sein. Besteht der Verdacht auf eine Teilleistungsstörung bei einem hochbegabten Kind, sollte eine ärztliche Untersuchung erfolgen. Nur dann können effektive Förderkonzepte umgesetzt werden, die auf die Situation des jeweiligen Kindes angepasst sind.

Hochbegabte Minderleister fördern

Erbringen betroffene Kinder trotz überdurchschnittlicher Intelligenz nur mangelhafte Leistungen, spricht man von hochbegabten Minderleistern. Durch ständige Unterforderung entwickeln sie nicht die nötigen Strategien, die sie bei umfangreicheren Anforderungen benötigen. In der Schule führen unsystematische Arbeitsweisen häufig zu schlechten Leistungen, wodurch das Selbstwertgefühl des Kindes sinkt. Die Kinder zeigen oft nur eine geringe Bereitschaft für Wiederholungen und Übungen oder entwickeln starke Angst vor Fehlschlägen. Schlimmstenfalls entwickelt ein hochbegabter Minderleister Schulangst oder sogar depressive Verstimmungen.

Bestenfalls sollte durch gezielte Förderung verhindert werden, dass Ihr Kind jemals in derartige Verzweiflung gerät. Die Lernprobleme eines hochbegabten Kindes sollten daher ernstgenommen und nicht als pure Unlust abgetan werden. Bemerken Sie, dass Ihr Kind zunehmend hoffnungslos, niedergeschlagen oder sogar depressiv wirkt, sollten Sie professionelle Hilfe (etwa Psychotherapie) in Anspruch nehmen.

Hochbegabtenförderung – Was müssen Eltern und Lehrer beachten?

Wenn Ihr Kind viele Fragen stellt, sollten Sie sich bemühen, zufriedenstellende Antworten zu finden. Allerdings sollten Sie Ihr Kind ebenfalls dazu anhalten, selbstständig nach Lösungen zu suchen: Ihr Kind sollte Zugang zu Informationen erhalten und lernen, dass es auf diese Art selbstständig Wissen erlangen kann.

Eltern und Lehrer sollten hochbegabten Kindern in Gesprächen mit Aufmerksamkeit und Interesse begegnen. Nehmen Sie die Aussagen Ihres Kindes ernst und reagieren Sie entsprechend.

Die Förderung muss stets an die Situation und die Bedürfnisse des hochbegabten Kindes angepasst sein. Individuelle Stärken und Schwächen müssen bei der Ausarbeitung eines Förderkonzeptes berücksichtigt werden.

Wie kann ein hochbegabtes Kind gefördert werden?

  • Akzeleration (Beschleunigung): Eine vorzeitige Einschulung oder das Überspringen von Klassenstufen ist in bestimmten Fällen denkbar. Dabei muss allerdings die Gesamtentwicklung des Kindes (Persönlichkeit, soziale Kompetenzen, Lernstrategien und Motivation) berücksichtigt werden. Ein Vorteil ist vor allem die gesteigerte intellektuelle Anforderung. Möglicherweise kann ein hochbegabtes Kind mit der ungewohnten Situation (Nacharbeitung von Lernstoff, neue Lehrer, neues Klassenkollektiv) überfordert sein.
  • Enrichment (Bereicherung): Der Unterrichtsstoff wird von den Lehrkräften vertieft und mit weiteren Inhalten angereichert. Die hochbegabten Kinder bleiben dann in ihrer Altersgruppe, erhalten aber erweiterte Aufgaben. Thematische Abwechslung ist dabei ebenso wichtig wie die Vermeidung von ständigen Wiederholungsübungen. Diese Methode ist vor allem für Kinder geeignet, die sich unter ihren Klassenkameraden wohlfühlen. Allerdings kann nicht jede Schule eine derart intensive Förderung bereitstellen oder in den normalen Unterricht integrieren.
  • Drehtürmodell: Neben ihrem planmäßigen Unterricht nehmen die hochbegabten Kinder zusätzlich an einem weiteren Fach teil. So können die Kinder z.B. neben der zweiten Fremdsprache schon eine dritte beginnen, indem sie den Unterricht jeweils zur Hälfte besuchen. Dieses Modell ist nur für hochbegabte Kinder geeignet, die bereits Strategien zur Arbeitsorganisation und effiziente Lerntechniken entwickelt haben. Zudem sollte der Koordinations- und Organisationsaufwand für Lehrer und Schüler nicht unterschätzt werden.
  • Außerschulische Förderung: Um Unterforderung zu vermeiden, können hochbegabte Kinder ihre Fähigkeiten in Nachmittagskursen, Sommerakademien oder Vereinen ausbauen. In kleineren Förderkursen werden vertiefende und erweiternde Inhalte besprochen, da die Förderlehrer individuell auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können. Zudem können die Kinder im Kontakt mit Gleichbefähigten ihre sozialen Kompetenzen und die Teamfähigkeit ausbauen.

Fazit

Idealerweise sollte ein Kind seine Hochbegabung weder als Bürde noch als Segen, sondern als Teil seiner Identität akzeptieren, zu der Stärken und Schwächen gleichermaßen gehören. Bringen Sie Ihrem Kind bei, seine Talente wertzuschätzen und seine Schwächen zu akzeptieren. Eltern sollten darauf achten, ihr Kind seinen Fähigkeiten entsprechend zu fördern, aber nicht zu viel Druck auszuüben. Unterforderung sorgt bei hochbegabten Kindern häufig zu Langeweile und Unwillen. Eine zu hohe Leistungserwartung kann hingegen dazu führen, dass das Kind sich überfordert fühlt und auf Verweigerungsverhalten ausweicht. Sie sollten Ihrem Kind daher unterstützend zur Seite stehen und weder zu hohe, noch zu niedrige Anforderungen stellen. Helfen Sie Ihrem Kind spezielle Interessen zu vertiefen und neue Hobbys zu entdecken. Hochbegabte Kinder verfügen über besonderes Potenzial, das ihnen allerdings auch Schwierigkeiten bereiten kann. Hochbegabtenförderung kann daher dabei helfen, dieses Potenzial in tatsächliche Leistungen zu verwandeln.

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