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Nachhilfe in Deutschland

Nachhilfe-Studie Klemm 2010

Prof. em. Dr. Klaus Klemm und Annemarie Klemm im Auftrag der Bertelsmann Stiftung (2010)
Ausgaben für Nachhilfe – teurer und unfairer Ausgleich für fehlende individuelle Förderung


Nachhilfe gehört für viele Kinder und Jugendliche in Deutschland zum Alltag: Rund 1,1 Millionen Schüler nehmen regelmäßig bezahlten Nachhilfeunterricht in Anspruch. Insgesamt geben Eltern jährlich bis zu 1,5 Milliarden Euro dafür aus. Nachhilfe ist bereits in der Primarstufe ein zentrales Thema: Häufig wird sie in Anspruch genommen, wenn es am Ende der Grundschulzeit um die Empfehlung für die weiterführende Schule geht.
Eine Sonderauswertung der IGLU Studie aus dem Jahr 2006 ergab, dass im Schnitt aller Bundesländer 14,8 Prozent der Viertklässler Nachhilfe im Fach Deutsch erhalten. Dabei gibt es zwischen den Ländern deutliche Unterschiede. Während in Baden-Württemberg 18,5 Prozent der Viertklässler Nachhilfe in Deutsch bekommen, sind es in Mecklenburg-Vorpommern nur 8,8 Prozent.

Da die Datenlage zur Nachhilfe in Deutschland insgesamt noch dünn ist, haben die Autoren in der Studie eine Obergrenze und eine Untergrenze der jährlichen Gesamtausgaben für Nachhilfeunterricht berechnet. Demnach geben Eltern für Nachhilfe insgesamt mindestens 942 Millionen Euro aus, die Obergrenze liegt bei 1,468 Milliarden Euro. Legt man die Untergrenze der jährlichen Gesamtausgaben für Nachhilfeunterricht auf alle Schüler
allgemein bildender Schulen um, zeigen sich erneut deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Am höchsten sind die durchschnittlichen Ausgaben pro Schüler mit 131 Euro in Hamburg und Baden-Württemberg. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern liegen sie hingegen nur bei 74 Euro. Der Bundesdurchschnitt beträgt 108 Euro.

Nachhilfe ist der Studie zufolge in unserem Bildungssystem längst keine Ausnahme mehr, um kurzfristig schulische Schwächen auszugleichen. Sie hat sich vielmehr zu einem etablierten, privat finanzierten Unterstützungssystem neben dem öffentlichen Schulsystem entwickelt. Da sich aber vor allem Kinder aus wohlhabenden und höher gebildeten Familien diese Möglichkeit der außerschulischen Förderung leisten können, nimmt dadurch die Chancenungerechtigkeit unseres Bildungssystems tendenziell zu.
Nach Auswertung aller zu diesem Thema relevanten Untersuchungen kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Nachhilfe Wirkung zeigt. Wörtlich heißt es:" Vor diesem Hintergrund darf davon ausgegangen werden, dass Nachhilfe keine wirkungslose Maßnahme ist." Allerdings sei "weitere Forschung auf diesem Gebiet für eine abschließende Bewertung unabdingbar."

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