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NACHHILFE IN DEUTSCHLAND

Nachhilfe-Studie DIW 2004

DIW Berlin (2004):
„Nachhilfe als Strategie zur Verwirklichung von Bildungszielen. Eine empirische Untersuchung mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)" (2004)


Für die empirischen Analysen wurden die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) verwendet. Das SOEP ist eine repräsentative, jährliche Wiederholungsbefragung, bei der jedes Haushaltsmitglied ab 17 Jahren befragt wird. Die Daten enthalten keine Angaben darüber, in welchem Alter oder in welcher Klassenstufe auf Nachhilfeunterricht zurückgegriffen wurde. In Deutschland haben 27% der 17-jährigen Jugendlichen mindestens einmal in ihrem bisherigen Leben bezahlten Nachhilfeunterricht erhalten. Differenziert nach Ost- und Westdeutschland zeigt sich, dass die Quote im Westen mit 31% doppelt so hoch ausfällt wie im Osten (15%).

Jugendliche, deren Bildungsziel nicht über den Hauptschulabschluss hinausgeht, haben sowohl auf gesamt- als auch auf westdeutscher Ebene die geringsten Nachhilfequoten (14% bzw. 12%). Bei denen, die die mittlere Reife oder das (Fach-)Abitur anstreben, sind die Quoten dagegen mehr als doppelt so hoch. Dieses Muster trifft jedoch nicht auf Ostdeutschland zu. Hier sind die Nachhilfequoten umso niedriger, je höher das Bildungsziel ist.

Die schlechten Perspektiven auf dem ostdeutschen Lehrstellen- und Arbeitsmarkt ließen vermuten, dass die Konkurrenz um möglichst gute Bildungszertifikate hier besonders ausgeprägt und Nachhilfe ein Mittel zur besseren Platzierung ist. Eine Erklärung für die geringeren Nachhilfequoten könnte in der ostdeutschen Vergangenheit liegen. Private Nachhilfe war zu DDR-Zeiten unüblich, somit haben die heutigen Eltern wie auch ihre damaligen Freunde zu Schulzeiten keine Nachhilfe erhalten. Die Folgerung der Autoren ist: Sie sind mit privat bezahlter Nachhilfe nicht vertraut und fragen auch nicht für ihre Kinder nach.

Neben diesen deutlichen Ost-West-Differenzen zeigt sich, dass Nachhilfe in starkem Maße von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängt. Mehr als jeder dritte Schüler in Westdeutschland, der ein Abitur anstrebt, greift auf privat bezahlte Nachhilfe zurück. Geld spielt also auch heute noch eine Rolle beim Erwerb höherer Bildungszertifikate. Dass Ganztagsschüler seltener Nachhilfe erhalten, konnte mit den vorliegenden Daten nicht bestätigt werden. Ein Blick in das Nachbarland Luxemburg zeigt, dass dort 50% der befragten Schüler aus der Sekundarstufe trotz ganztägiger Betreuung bereits Erfahrungen mit Nachhilfe haben.

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