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Zehn Tipps für die Mediennutzung in Corona-Zeiten

In der Corona-Krise halten mehr Menschen denn je über Computer, Tablets und Handys Kontakt zur Außenwelt. Digitale Angebote bringen Informationen über die neuesten Entwicklungen ins Haus, dienen dem Austausch mit Freunden und Familie, sorgen für Unterhaltung und Zeitvertreib. Für viele Kinder und Jugendlichen hat sich auch der Schulunterricht ins Internet verlagert. Gleichzeit verschärft die häusliche Quarantäne in vielen Familien die Debatte um die Mediennutzung der Kinder. Deshalb ist es sinnvoll, die Regeln für die Mediennutzung der aktuellen Situation anzupassen. Der Studienkreis gibt dafür Orientierungshilfe – mit zehn Tipps für die aktuelle Krise und auch darüber hinaus.

1. Dauer der Mediennutzung

Wie viel Zeit Kinder und Jugendliche am Bildschirm verbringen sollten, hängt stark vom Alter ab. Für Kinder in Klasse 3 und 4 liegen die Empfehlungen bei etwa 30 bis 45 Minuten am Tag, in Klasse 5 und 6 darf es eine Stunde sein. Bei älteren Jugendlichen hilft die Regel „zehn Minuten pro Lebensjahr“. Während der Corona-Krise darf diese Medienzeit für Unterhaltung genutzt werden. Lernzeiten am Computer hingegen sollten die Medienzeit nicht schmälern. Und wenn die Familie gemeinsam einen Spielfilm anschaut, dann läuft das auch außerhalb des Medienzeit-Budgets der Kinder.

2. Medienfreie Zeiten fest einplanen

In der Corona-Krise steigt die Zeit am Bildschirm – etwa durch Videochats oder die Schulaufgaben. Bewegung und ausgedehnte bildschirmfreie Zeiten schaffen einen Ausgleich. Zum Beispiel können Familien beschließen, dass mindestens eine Stunde Pause zwischen den Bildschirmaktivitäten liegen muss. Spaziergänge, Jogging, Radtouren sind nach wie vor erlaubt und sollten jeden Tag stattfinden, am besten zu festen Zeiten. Am Abend kann für alle Familienmitglieder bildschirmfreie Zeit sein – zum Beispiel kommen um 20 Uhr alle Smartphones ins „Handyhotel“. Das tut allen gut und schafft Raum für gemeinschaftliche Aktivitäten wie Brettspiele oder Diskussionen.

3. Individuelle Regeln entwickeln

Die Online-Interessen von Kindern und Jugendlichen sind individuell. Die einen nennen „Gaming“ ihr Hobby, andere schätzen eher den Austausch über soziale Netzwerke oder schreiben Fanfiction. Auch die Erziehungsstile und Gewohnheiten der Familien unterscheiden sich erheblich. Aber in jeder Familie gibt es Spielräume, um Neues auszuprobieren. Die gilt es jetzt zu nutzen. Wer etwa unsicher ist, ob sich im Alltag zwischen Homeoffice und Schulaufgaben gemeinsame Spaziergänge unterbringen lassen oder ob medienfreie Abende realistisch sind, legt Probephasen fest. Bewährt sich eine neue Regel nach einer Woche, bleibt es dabei, sonst wird nachgebessert.

4. Vorbild sein

Kinder lernen zu einem großen Teil, indem sie Verhalten nachahmen. Eltern haben dabei eine zentrale Rolle: Was sie tun, nehmen die Kinder als Verhaltensnorm wahr. Wer selbst das Smartphone nur schwer aus der Hand legen kann oder abends ständig in den Laptop schaut, hat es schwerer, Beschränkungen der Medienzeit bei den Kindern durchzusetzen. Nicht nur Jugendliche, sondern auch die Eltern verbringen mitunter mehr Zeit online, als sie selbst gut finden. Deshalb gewinnen Mütter und Väter gleich doppelt, wenn sie sich kritisch mit ihren eigenen Mediengewohnheiten auseinandersetzen: Sie steigern ihre eigene Lebensqualität und sind glaubwürdigere Vorbilder.

5. Mediennutzung technisch begleiten

Wer die eigene Mediennutzung und die der Kinder im Blick behalten möchte, kann Apps wie „Bildschirmzeit“, „Computerzeit“ oder „Kindersicherung“ zu Hilfe nehmen. Damit lässt sich zum Beispiel einstellen, welche Programme wann und wie lange genutzt werden dürfen. Auch eine Beschränkung auf jugendfreie Internetangebote ist möglich. Um den Familienfrieden zu wahren, sollten solche Apps aber nicht die alleinige Lösung sein. Im Idealfall helfen sie nur, die gemeinsam entwickelten Regeln einzuhalten.

6. Mediennutzung inhaltlich begleiten

Der Begriff „Mediennutzung“ umfasst unterschiedliche Tätigkeiten: Chats, Spiele, und Lernen gehören dazu, aber auch produktive Tätigkeiten, wie das Verfassen von Blogbeiträgen oder Podcasts. Es lohnt sich, wenn sich alle Familienmitglieder offen über ihre Vorlieben austauschen und einander besser verstehen lernen. Eltern können dabei ruhig einmal den Game-Controller ihrer Kinder selbst in die Hand zu nehmen und sich den Reiz des Spiels erklären lassen. Umgekehrt sollte der Nachwuchs zum Beispiel erfahren, wie sich die Eltern in der Corona-Krise auf dem Laufenden halten und warum ihr Informationsbedürfnis so hoch ist. Gelingt dieser offene Austausch, dann entsteht eine gute Basis, um sich friedlich auf verbindliche Regeln zu einigen.

7. Kreativität und Lernen fördern

Manche Online-Aktivitäten dienen vor allem der Berieselung, andere erfordern viel eigene Kreativität und Nachdenken. Gelingt es, deren Anteil zu erhöhen, bleibt automatisch weniger Zeit für die Berieselung. Zum Beispiel ist jetzt eine gute Gelegenheit, um eine „Bucketlist“ der Lernwünsche abzuarbeiten. Ob Programmieren, Videoschnitt oder Zehn-Finger-Tippsystem, viele Jugendliche haben eine klare Vorstellung, was sie gern lernen würden, wenn sie die Zeit dafür hätten – nun könnte der richtige Moment dafür sein. Der Vorteil solcher Vorhaben: Meist regelt sich die Medienzeit von selbst, weil die geistige Anstrengung schneller müde macht.

8. Sicherheit und verantwortungsvoller Umgang mit privaten Daten

Kinder und Jugendliche gelten als digital besonders kompetent. Studien zeigen aber, dass viele von ihnen zu sorglos mit ihren privaten Daten und Sicherheitsfragen umgehen. Auch beim Thema Fake News können viele noch dazulernen. Hier sind die Eltern gefragt. Wenn sie ihr Verantwortungsbewusstsein mit der technischen Versiertheit ihrer Kinder vereinen, lernen alle Familienmitglieder dazu. Zum Beispiel können alle gemeinsam die Privatsphäre-Einstellungen ihrer Apps und Netzwerke überprüfen. Auch für die Einrichtung eines Passwort-Managers ist jetzt ein guter Zeitpunkt. Noch wichtiger ist ein Austausch über unangenehme Erfahrungen im Internet, etwa Bloßstellungen im Klassenchat oder die Begegnung mit verstörenden Bildern. Hilfestellung für Eltern bietet zum Beispiel der elternguide.online.

9. Konflikte respektvoll austragen

In kaum einer Familie läuft die Debatte über die Mediennutzung ganz ohne Konflikte ab. Deshalb zahlt sich hier – wie bei allen Meinungsverschiedenheiten – ein respektvoller Umgang miteinander aus. Dazu gehört zum Beispiel, die gegenseitigen Standpunkte anzuerkennen, auf Beleidigungen und Vorwürfe zu verzichten sowie den Fokus auf Lösungen zu setzen. Regeln zur Mediennutzung sind vor allem nachhaltig, wenn sie von allen Familienmitgliedern gemeinsam ausgehandelt werden und alle bereit sind, Kompromisse einzugehen.

10. Wenn nötig: Unterstützung holen

Viele Online-Angebote nutzen ausgefeilte Mechanismen, um Userinnen und User bei der Stange zu halten. Wenn das Ausschalten immer schwerer fällt, dann kann das Hobby zur Sucht werden. Vernachlässigen Jugendliche andere Aktivitäten oder reagieren übermäßig gereizt, wenn Geräte nicht verfügbar oder Akkus leer sind, dann deutet das in eine ungesunde Richtung. Exzessive Mediennutzung kann auch ein Symptom eines tieferen Problems sein, etwa mangelnde Anerkennung im richtigen Leben. In solchen Fällen sollten sich Familien an professionelle Beratungsstellen wenden. Adressen liefert zum Beispiel die Website des Fachverbands Medienabhängigkeit.

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